Warum finden Exerzitien in der Stille und schweigend statt?

Junge Frau betet

Exerzitien finden Abseits von Alltag, Hektik und Lärm statt. Das hilft dabei, den Fokus ganz auf die entscheidenden Fragen des Lebens zu richten. Dass man Gottes leise Stimme nur in der Stille wahrnehmen kann, wusste schon der Kirchenvater Hieronymus zu Beginn des 5. Jahrhunderts.  

In einem Brief schreibt der heilige Hieronymus:

 "Wähle dir einen geeigneten und vom Lärm der Familie entfernten Ort aus, in den du dich wie in einen Hafen zurückziehen kannst. Dort pflege eifrig die Lesung der Heiligen Schrift; dort bete häufig; dort denke eindringlich über die künftigen Dinge nach. Das alles tue mit solcher Hingebung, dass diese innere Ruhe alle Beschäftigung der übrigen Zeit ausgleicht. Wir sagen dir das nicht, um dich den Deinen zu entziehen, im Gegenteil, wir tun es, damit du dort lernst und erwägst, wie du dich den Deinen widmen sollst."

Und Kardinal Robert Sarah schreibt in seinem, im Jahr 2016 erschienenen, Buch „Die Kraft der Stille“: 

"Im Evangelium heißt es, dass der Herr selbst - besonders nachts - in der Stille betete oder sich in die Wüste zurückzog. Die Stille ist typisch für die Betrachtung der Heiligen Schrift… Der heilige Basilius betrachtet die Stille nicht nur als asketische Notwendigkeit für das Leben im Kloster, sondern als Voraussetzung für eine Begegnung mit Gott. Die Stille geht diesem privilegierten Moment voraus, sie bahnt ihn an, gerade dann, wenn wir vor Gott treten, woraufhin Er von Angesicht zu Angesicht mit uns sprechen kann, wie wir es mit einem Freund tun… Deshalb müssen wir Stille halten: Es handelt sich um eine Handlung, nicht um Müßiggang. Wenn unser ‘inneres Handy’ immer besetzt ist, weil wir mit anderen Geschöpfen ‘sprechen’, wie kann uns dann der Schöpfer erreichen, wie kann er uns ‘anrufen’? Wir müssen unseren Verstand von seiner Neugierde reinigen und unseren Willen von seinen Plänen, um uns vollkommen den Gnaden des Lichts und der Kraft zu öffnen, die Gott uns im Übermaß schenken will: ‘Vater, nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen’ (Lk 22,42). Die ignatianische ‘Indifferenz’ ist also auch eine Form der Stille."